In einer Welt, die niemals stillsteht, ist der morgendliche Wecker unser treuer Begleiter (und oft unser ärgster Feind), der den Reigen der kleinen und großen Ziele eröffnet, die es zu erreichen gilt, meist in rasantem Tempo. Während der Arbeitszeit kann man sich leicht in den täglichen Verpflichtungen und den einzuhaltenden Fristen verlieren. In diesen Momenten scheinen die praktischen Fähigkeiten und die Erfahrung in dem Fachbereich das Wichtigste zu sein, wobei die Bedeutung der Theorie in Vergessenheit zu geraten droht. Das Gleichgewicht zwischen Theorie und Praxis ist jedoch entscheidend für den langfristigen Erfolg jeder Organisation. In einer Serie von Beiträgen werden wir die Bedeutung der Theorie in den Unternehmen erforschen und untersuchen, wie sie wirksam in die Praxis integriert werden kann, um die betrieblichen Ergebnisse zu optimieren.

Die Bedeutung der Theorie

Die Theorie, welche in viele verschiedene Konzepte verzweigt sein kann, hat ein Ziel: Sie soll die Grundlage für Entscheidungen und Maßnahmen bilden. Sie ist das Prinzip, auf dem die praktischen Fähigkeiten aufgebaut werden. Ein bisschen wie das Sprichwort: Ein guter Schriftsteller ist immer ein guter Leser. Innerhalb eines Unternehmens bietet die Theorie einen konzeptionellen Rahmen, der die Unternehmensentscheidungen und -strategien lenkt, und sollte keineswegs als etwas Starres und Unveränderliches angesehen werden. Theoretische Konzepte entwickeln sich im Laufe der Zeit als Reaktion auf Veränderungen im sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Umfeld weiter, während durch die praktische Anwendung Fähigkeiten erworben und Erfahrungen verfeinert werden.

Aber wie kann die Brücke zwischen Theorie und Praxis in der Wirtschaft geschlagen werden? Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, die Geschäftsergebnisse eines Unternehmens zu verbessern. Dies ist zum Beispiel die Idee hinter dem Pygmalion-Effekt, auch bekannt als Rosenthal-Effekt. In der Praxis (oder Theorie) dieses Konzepts in der Unternehmenswelt ist es das Verhalten der Führungskräfte, welches die Leistung der Mitarbeiter verbessern oder verschlechtern, und damit auch die Gesamtleistung des Unternehmens beeinflussen kann. Ausgehend von einem theoretischen Konzept ist es möglich, ein nützliches Verhalten zu bestimmen, welches zur Erzielung bestimmter Ergebnisse eingesetzt werden kann. Versuchen wir also, die Synergie zwischen Theorie und Praxis auf Unternehmensebene durch das Prinzip des Pygmalion-Effekts aufzuzeigen.

Der Pygmalion-Effekt

Der Pygmalion-Effekt, oder auch als “Rosenthal-Effekt” bezeichnet, bezieht sich auf das psychologische Phänomen, dass die Erwartungen einer Person an eine andere Person deren Verhalten beeinflussen kann und sie dazu bringen kann, diesen Erwartungen zu entsprechen. Dieses Konzept ist sowohl in der psychologischen Theorie als auch in der Unternehmenspraxis von Bedeutung.

Um eine kleine etymologische Klammer aufzumachen: Der Name des Effekts stammt von dem Mythos von Pygmalion, einem König und Bildhauer aus Zypern, der sich unsterblich in seine Statue “Galatea” verliebte, die er mit unglaublicher Kunstfertigkeit und Schönheit geschaffen hatte. Pygmalion, enttäuscht von der Gleichgültigkeit der königlichen Frauen und inspiriert von der Perfektion seines Kunstwerks, bittet er Aphrodite, die Göttin der Liebe, seiner Statue Leben einzuhauchen. Die Göttin, gerührt von seiner Hingabe und der Schönheit der Statue, erfüllt Pygmalions Wunsch und verwandelt sie in eine echte Frau.

Im Marketing lässt sich dieses Konzept als eine Möglichkeit nutzen, um eine positive Botschaft zu vermitteln, z. B. durch Marketing-Kampagnen, die dazu führen können, dass sich der Kunde mit dem Produkt und der Marke selbst identifiziert.

Aber welche Auswirkungen kann dies in Unternehmen haben?

Theorie des Pygmalion-Effekts in Unternehmen

Es ist kein Zufall, dass jemand diese Theorie testen wollte. Dieser Jemand hieß Robert Rosenthal, ein amerikanischer Forscher, welcher Anfang des Jahres 2024 verstorben ist. In den 1960er Jahren führte er in einer amerikanischen Grundschule ein interessantes Experiment durch, um den Pygmalion-Effekt zu untersuchen, d. h. er unterzog Kinder einem Intelligenztest, ohne die Ergbenisse in Folge zu berücksichtigen. Er zog aus den Ergebnissen nach dem Zufallsprinzip eine Stichprobe von Schülern, von denen er dann völlig willkürlich diejenigen bestimmte, die sich (angeblich) als besonders intelligent erwiesen. Das Ergebnis war, dass die von ihm als „intelligent“ eingestuften Kinder nach einem Jahr ihre Schulnoten erheblich verbesserten, was zum Teil auf die Hilfe von Lehrern zurückzuführen war, welche die “intelligenten” Kinder speziell förderten.

Ein ähnlicher Effekt könnte in Unternehmen auch ohne den Einsatz von Scheinprüfungen erzielt werden. Die Idee ist, dass Vertrauen und positive Erwartungen die Leistung der Mitarbeiter steigern und das gesamte Arbeitsumfeld verbessern können.

So wie die Lehrer ihre Schüler zu mehr Leistung ermutigt haben, können auch die Erwartungen der Führungskräfte an ihre Mitarbeiter deren Leistung stark beeinflussen. Wenn eine Führungskraft positive Erwartungen und Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter hat, ist es wahrscheinlicher, dass sie sich intensiv bemühen, um diesen Erwartungen gerecht zu werden. Umgekehrt kann eine negative Einstellung und uninteressante Aufgaben für die Mitarbeiter dazu führen, dass nur einfache und routinemäßige Aufgaben verrichtet werden und damit Langeweile entsteht.

Natürlich kann auch das allgemeine Unternehmensklima, einschließlich der kollektiven Vision von Managern und Kollegen, einen erheblichen Einfluss auf die Leistung des Einzelnen und der Gruppe haben. Ein Klima, welches hohe Erwartungen und Vertrauen in kollektives und persönliches Wachstum fördert, kann zu besseren Ergebnissen führen.

Damit dies geschehen kann, spielen effektive Kommunikation und positives Feedback eine Schlüsselrolle, denn sie können dazu beitragen, Erfolgserwartungen bei den Mitarbeitern zu wecken und diese ebenso ermutigen, Herausforderungen zu meistern und Unternehmensziele zu verfolgen.

Fazit

Wir haben die Theorie hinter diesen grundlegenden Konzepten erforscht, aber wie lassen sich diese Grundsätze in der Unternehmenspraxis umsetzen? Im nächsten Artikel werden wir uns konkrete Beispiele und anwendbare Strategien ansehen, um diese Theorien in die Tat umzusetzen und greifbare Ergebnisse zu erzielen. Wir werden uns ansehen, wie der Pygmalion-Effekt die Unternehmensleistung positiv und effektiv beeinflussen kann und welche Haltung Führungskräfte einnehmen sollten, um ihren Mitarbeitern und Kollegen das richtige Beispiel zu geben.

In der Hoffnung, einen positiven Beitrag zu Ihrer Kaffeepause geleistet zu haben, oder wo auch immer Sie gerade sind, sehen wir uns gern in der nächsten Folge dieser Serie wieder.